Der Erkundungsansatz Sandsteinfazies

Die mesozoischen Hauptreservoire Norddeutschlands wurden im Rahmen der Verbundvorhaben Sandsteinfazies (2011-2015) und GeoPoNDD (2015-2019) flächenhaft bearbeitet. Dafür haben wir den interdisziplinären Erkundungsansatz Sandsteinfazies entwickelt, der paläontologische, sedimentologisch-fazielle, petrologische und hydraulische Arbeitsmethoden kombiniert und im Ergebnis erheblich verbesserte Reservoirprognosen ermöglicht, die dazu beitragen, das Fündigkeitsrisiko im Vorfeld von Standorterschließungen zu minimieren. 

 

Die Methodik des Erkundungsansatzes Sandsteinfazies.
Die Methodik des Erkundungsansatzes Sandsteinfazies.

Im Zuge der Untersuchungen wurden die innerhalb der Hauptreservoire vorhan-denen Reservoirhoirzonte identifiziert und in fünf Schritten bearbeitet. Die Datengrundlage bilden vorhanden Übertageaufschlüsse und Kernbohrungen sowie mehrere einhundert Bohrlochmesskurven.

  1.  bio-/sequenzstratigraphische Datierung
  2.  Rekonstruktion der Faziesräume
  3.  Sedimentpetrographie, -petrologie, Diagenese
  4.  Hydraulische Charakterisierung
  5.  Räumliche Darstellung in thematischen Karten

Durch die räumlich hochauflösende Darstellung einzelner Reservoirhorizonte, z. B. der Contorta-Sandstein innerhalb des Oberen Keupers, auf Fazies-, Mächtigkeits- und Qualitätskarten entstand das Kartenwerk geothermischer Reservoire Norddeutschlands. Teile dieses Kartenwerks sind bereits in das Geothermische Informationssystem integriert und so öffentlich zugänglich.

 

Im Rahmen des aktuellen Verbundvorhabens mesoTherm wird der Erkundungsansatz auf Karbonatreservoire erweitert und um Methoden der seismofaziellen Erkundung und Fündigkeitsbewertung (POS-Studie), die an die Gegebenheiten des Norddeutschen Beckens angepasst sind, ergänzt. Dadurch soll die Prognosegenauigkeit im Vorfeld von Reservoirerschließungen weiter verbessert und so das Fündigkeitsrisiko weiter gesenkt werden.


Das Kartenwerk geothermischer Reservoire Norddeutschlands

Karten der Reservoirfazies, -mächtigkeit und -qualität am Beispiel des sogen. Contorta-Sandsteins, der bereits an den Standorten Neustadt-Glewe und Waren erschlossen wurde; verändert aus Franz et al. (2018).
Karten der Reservoirfazies, -mächtigkeit und -qualität am Beispiel des sogen. Contorta-Sandsteins, der bereits an den Standorten Neustadt-Glewe und Waren erschlossen wurde; verändert aus Franz et al. (2018).

Das Kartenwerk geothermischer Reservoire Norddeutschlands stellt für insgesamt 21 Reservoirhorizonte, die innerhalb der sechs Hauptreservoire unterscheidbar sind, Kartensätze zur Verfügungen, die jeweils die Fazies, Mächtigkeit und Qualität des jeweiligen Reservoirhorizonts hochauflösend darstellen. Grundlage der Kartierungen ist ein bio-/sequenzstratigraphisches Gliederungskonzept, das die Reservoirhorizonte in Sinne von Regressionsflächen in größeren Beckengebieten darstellbar macht. Innerhalb der Hauptreservoire sind bis zu sechs Reservoirhorizonte unterscheidbar: Untere Kreide (3), Mittlerer Jura (4), Unterer Jura (6), Oberer Keuper (3), Unterer-Mittlerer Keuper (2) und Mittlerer Buntsandstein (3).

 

Die nebenstehende Abbildung verdeutlicht den Inhalt des Kartenwerks am Beispiel des Contorta-Sandsteins, der als Reservoirhorizont dem Oberkeuper Haupt-reservoir zugeordnet wird. Der Contorta-Sandstein wurde in einem verzweigten Flussdelta abgelagert, das den Abtragungsschutt nördlicher Liefergebiete in das sogen. Rhätmeer transportierte. Durch Schwankungen des Meeresspiegels und häufige Verlagerung der Sedimentation bildeten sich nacheinander vier Delta-komplexe, die mittels einer hochauflösenden Palynostratigraphie zeitlich unter-scheidbar sind. Auf dieser Grundlage können die Reservoire C-F identifiziert werden, die den Reservoirhorizont bilden. Innerhalb des Flussdeltas wurden insbesondere in den deltaischen Verteilerrinnen bis zu 60 m mächtige, hochreife und gut sortierte Sandsteine abgelagert, die bereits an den Standorten Neustadt-Glewe und Waren zur Gewinnung tiefengeothermischer Energie genutzt werden. Die Erkundung zukünftiger Standorte wird sich auf die Reservoirsandsteine der Verteilerrinnen konzentrieren, deren Positionen anhand des Kartenwerks genau prognostiziert werden können.